Bericht zum FdA-Treffen in Mannheim (März 2014)

Da wir ja als Gäste beim FdA-Treffen in Mannheim dabei waren, wollen wir euch den dazugehörigen Bericht nicht vorenthalten:

Im März fand das Treffen der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) in Mannheim statt. Damit organisierte die Anarchistische Gruppe Mannheim bereits zum 5. Mal ein FdA-Treffen, diesmal mit Beteiligung von den umliegenden anarchistischen A-Netz-Mitgliedsgruppen aus Kaiserslautern/Kusel, Karlsruhe und Ludwigsburg.

fdaDie Anarchistische Gruppe Mannheim besteht mittlerweile seit mehr als 11 Jahren und ist damit eine der ältesten noch aktiv arbeitenden anarchistischen Gruppen im deutschsprachigen Raum.
Seit ihrer Gründung Anfang 2003 ist die Breite anarchistischer und libertärer Veranstaltungen und Kultur in Mannheim und Umgebung merklich gestiegen.
Im Laufe ihres Bestehens war sie unter anderem aktiv beteiligt an der (Wieder-) Gründung der FdA, welche damals noch unter dem Namen Forum deutschsprachiger Anarchist*innen arbeitete, und veranstaltet neben unregelmäßigen Kulturveranstaltungen, der Sendung “Radio Libertad”, Demonstrationen oder anderen Projekten seit 2011 alle zwei Jahre mit großem Erfolg die Anarchistische Buchmesse Mannheim mitsamt einem kleinen Rahmenprogramm.

In Mannheim und Umgebung arbeiten zudem ein große Anzahl anderer politischer Gruppen aller Spektren – zum Beispiel die FAU Mannheim, das Kritische Kollektiv / interventionistische Linke Rhein-Neckar oder der AK Antifa – und neben den Veranstaltungen der einzelnen Zusammenhänge gibt es auch immer wieder, teils konstante, Vernetzungen und Bündnisse um gemeinsam das Stadtbild zu beeinflussen.
Das jüngste dieser Bündnisse, “Wem gehört die Stadt?”, beschäftigt sich mit den zunehmend verschärften sozialen Fragestellungen in Mannheim (vgl. “Recht auf Stadt”) und strebt derzeit die Vernetzung aller Stadtteilinitiativen und anderen Akteuren in Mannheim an.

Trotz zunehmender Repression und steigenden Umtrieben rechter und faschistischer Gruppierungen und Organisationen zeigt sich, dass in Mannheim weit mehr als nur die herrschende parlamentarischen Institutionen und Parteien die politische und kulturelle Landschaft ausmachen.

Am Treffen nahmen mehr als 30 Personen teil. Als Gäste konnten Vertreter*innen vom Vrije Bond (Niederlande), dem A-Forum Köln, der Libertären Aktion Frankfurt/Oder, der Anarchistischen Initative Ortenau, e*vibes und Interessierte aus Münster begrüßt werden.

Bereits Freitag Abend fanden sich ein Großteil der Teilnehmenden im ASV Mannheim ein. Da der offizielle Teil des Treffens erst Samstag morgens begann, nutzen die anwesenden Leute die Zeit bei Vokü, Kicker, kühlen Getränken und lockerer Atmosphäre um sich kennenzulernen, zu diskutieren oder auch alte Freundschaften zu vertiefen.

Das aktuelle Treffen hatte zum Schwerpunkt die Reflexion und Verbesserung der internen Strukturen und Beteiligung der Mitgliedsgruppen. Bevor es zu diesem großen Themenblock kam, gab es räumlich getrennt die Berichte der einzelnen Referate sowie eine Einführung in die FdA für die Gäste, aber auch für neue Leute aus den Mitgliedsgruppen. Informationen zur Geschichte, Struktur und Entwicklung der Föderation, aktuelle thematische Schwerpunkte und viel Raum für Rückfragen sollten für ein besseres Verständnis und einen leichteren Einstieg in die Föderation und deren Themen auf dem Treffen sorgen. In dieser Arbeitsgruppe entstand auch eine interessante Diskussion über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der FdA und dem Vrije Bond, der Föderation aus den Niederlanden.
Interessant zu erwähnen ist auch die neue Vertriebsstruktur des Öffentlichkeitsreferats: In Zusammenarbeit mit anarchistischen Mailordern können bald FdA-Materialien bestellt werden. Außerdem sollen möglichst alle Infoläden im Föderationsgebiet kontaktiert werden. Sobald die Organisierung der Vertriebsstruktur abgeschlossen ist und neue Auflagen der FdA-Materialien gedruckt sind, wird das Konzept im Detail bekannt gegeben.
Nach einer kurzen Pause fing dann der erste strukturelle Themenblock an: Anhand eines vor dem Treffen zur Vorbereitung erstellten Diskussionspapiers sollte in 3 Arbeitsgruppen die Fragen Beteiligung an Entscheidungen, die Entscheidungsfindung in der Föderation und Wege, wie eine Beteiligung der einzelnen Mitgliedsgruppen bei Diskussionen und Projekten in der Föderation gefördert werden kann. Neben vielen Anregungen und Ideen wurde besonders ein Vorschlag aufgegriffen und genauer ausgearbeitet: Jede Gruppe sucht sich einen “Buddy” aus, also eine Gesprächsperson für das Thema Belastung und Wohlbefinden in der FdA. In regelmäßig stattfindenden Treffen soll so Raum für Austausch, gemeinsame Problemlösungen und wachsenden Zusammenhalt geschaffen werden.
Im zweiten Teil der Föderationsstrukturdiskussion (wiederum auf Grundlage eines vorbereiteten Diskussionspapiers) wurden AGs zu den Themen Kampagnenarbeit und Strategie gebildet. Eine weitere Arbeitsgruppe befasste sich mit der inhaltlichen Auswertung und Weiterentwicklung der Ergebnisse des ersten Themenblocks (Entscheidungen, Beteiligung).
In der AG Kampagnenarbeit wurde festgehalten, dass Kampagnen von unten nach oben organisiert werden sollen, d.h. lokale Gruppen und Zusammenhänge erarbeiten ein Grundkonzept für sich und nutzen die Föderation, um weitere interessierte Gruppen und Zusammenhänge zu erreichen und einbeziehen zu können. Eine Befragung aller föderierter Gruppen nach Arbeitsschwerpunkten oder vorhandenen Interessengebieten soll mögliche Kampagnenthemen sichtbar machen.
Die AG Strategie befasste sich mit einer Erweiterung anarchistischer Gruppenarbeit, die bisher eher auf Bildungsarbeit (Vorträge, Diskussionen, Theorietexte) und Aktionen (Demonstrationen, Interventionen, Unterstützungsarbeit, kulturelle Veranstaltungen) fokussiert ist. Praktische, selbstverwaltete, unkommerzielle Alternativstrukturen werden zwar ebenfalls organisiert (z.B. Voküs, soziale Zentren, Umsonstläden). Allerdings könnte eine größtmögliche Ausweitung auf alle Bereiche des Zusammenlebens (Lebensmittelanbau, Kleidung, Werkstätten, Kinderbetreuung, Weiterbildungsräume, Bibliotheken, freie Schulen, Treffpunkte, etc.) anarchistische Theorie einem breiteren Kreis (auch außerhalb der sogenannten Szene) in der Praxis erfahrbar machen, Aktive länger in den Projekten halten und vor Krisenzeiten unabhängiger werden. Hier entstand eine kontrovers und lebendig geführte Diskussion, die auch in den nächsten Monaten weiter geführt werden soll.
Weitere Themen am Samstag waren die Vorstellung einer Antimilitarismuskampagne, der im Oktober stattfindende Anarchafeminismuskongress in London sowie die Möglichkeit des Austauschs über die Berichte der föderierten Gruppen und Netzwerke. Nach einem langen Plenumstag konnten sich die Teilnehmenden abends bei veganem Essen und Baratmosphäre im ASV erholen.

Am nächsten Morgen standen zunächst organisatorische Fragen im Mittelpunkt. Auf die Vergabe der einzelnen Referatsmandate folgte u.a. ein kurzer Hinweis auf das diesjährige selbstverwaltete Action, Mond und Sterne Camp Ende August im Schwarzwald und die Möglichkeit sich bei der Organisation zu beteiligen. Zuletzt konnten die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen entweder über aktuelle Themen der Internationalen der anarchistischen Föderation (IFA) diskutieren oder sich mit der Organisation und Weiterentwicklung der Gaidao – der Monatszeitschrift der FdA – befassen. In dieser Arbeitsgruppe ging es u.a. um die Vertriebsstruktur (Kontakte für Druck und Vertrieb der Gaidao in Österreich werden immer noch gesucht) und wie die Zeitschrift noch bekannter gemacht werden kann. Trotz leicht rückläufiger Abozahlen für die Printausgabe (bei einer hohen Nutzung der kostenlosen Online-Ausgabe) soll es auch weiterhin eine gedruckte Ausgabe der Zeitung geben.

Am Ende des Treffens konnten alle Beteiligten auf ein selbstkritisches, anstrengendes, aber auch produktives Treffen zurückblicken.